September 22, 2012

Die Gestalt Der Gleichheit: Ein Überblick über die US-Frauenbewegung

Rosa Luxemburg Stiftung - New York

Mehr als dreißig Jahre nach den Straßenkundgebungen, der Bewusstseinsbildung und den legislativen Errungenschaften der „Zweiten Welle“ des Feminismus entsteht in der breiten Öffentlichkeit der Eindruck, als ob die Frauenbewegung ihre besten Jahre hinter sich habe. Trotz wirksamer Initiativen, die den Verband für Familienplanung, „Planned Parenthood“, unterstützen und sich für einen erleichterten Zugang zur Empfängnisverhütung einsetzen, ist nicht klar, ob die Bewegung in ihrem jetzigen Zustand überhaupt noch als effektive politische Kraft agieren kann. Seit den späten 1970er Jahren kämpft ein wiedererstarkter Konservatismus energisch gegen die „Reproduktiven Rechte“. Große Teile der Frauenbewegung wurden dadurch in eine dauerhaft defensive Rolle gedrängt, was dazu führte, dass die breite Öffentlichkeit Feminismus hauptsächlich mit dem Recht auf Abtreibung gleichsetzt. Weitere wichtige Themen, wie Lohngleichheit, gerechte Arbeitsbedingungen, Elternzeitregelung, Gesundheitsversorgung und Gewalt gegen Frauen, scheinen auf der Agenda nach unten gerutscht zu sein.

Der Beginn der Frauenbewegung in den USA wird meist auf das Jahr 1848 datiert, als Elizabeth Cady Stanton und Lucretia Mott die erste Frauenrechtskonvention in Seneca Falls, im Bundesstaat New York, ins Leben riefen. Die folgenden Jahrzehnte, die heute als die „Erste Welle“ des Feminismus bezeichnet werden, waren zwar von starkem Aktivismus geprägt, aber es sollte trotzdem noch viel Zeit vergehen, bis Frauen im Jahre 1919 das Wahlrecht für sich erkämpfen konnten. Mit diesem Erfolg waren jedoch nicht die großen Veränderungen verbunden, die sich viele davon erwartet hatten.

Im vorliegenden Bericht geben Heidi Hartmann vom Institute for Women’s Policy Research und Martha Burk vom Center for the Advancement of Public Policy einen Überblick über die Geschichte der Frauenbewegung in den Vereinigten Staaten, schätzen ihre momentane Rolle ein und machen Vorschläge, wie es weiter gehen könnte. Ohne die Wichtigkeit des anhaltenden Einsatzes für die reproduktiven Rechte zu schmälern, insistieren die Autorinnen darauf, dass die Bewegung sich auf weitere Themen konzentrieren muss, die für die meisten Frauen Priorität haben: auf ökonomische Fragen, Gesundheitsversorgung und Gewalt. Diese neue Zielsetzung könnte es der Frauenbewegung ermöglichen, Bündnisse über die Grenzen von Hautfarbe und Klassenzugehörigkeit hinaus zu bilden. Um für diese neuen Themen effektiv einstehen zu können, bedarf es einer neuen Struktur, die als stabile Allianz auftritt und nicht vor Einmischung in die Politik zurückschreckt.

Die Frauenbewegung bleibt weiter eine treibende Kraft in den Vereinigten Staaten. Indem sie sich auf die Themen konzentriert, die für die meisten Frauen von Bedeutung sind, und so zu einem einflussreichen politischen Akteur wird, kann sie wieder eine zentrale Rolle dabei spielen, eine gerechte, integrative und gleichberechtigte Gesellschaft zu gestalten.


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