April 7, 2018

Energiewende und Just Transition

Rosa Luxemburg Stiftung - New York

Das Konzept der „Just Transition“ – der gerechten Energiewende – hat in den letzten Jahren in internationalen politischen Kreisen an Bedeutung gewonnen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass der Ansatz „transformatives“ Potential hat, doch birgt er, wie alle Begriffe, die sich gerade in Mode befinden, das Risiko seiner Inhalte entleert oder von Anhängern des Status quo vereinnahmt zu werden. Was aber ist „Just Transition“ genau und warum handelt es sich dabei um ein potentiell so revolutionäres Konzept? Dieser Frage stellen sich die Autoren des elften Arbeitspapiers, das wir im Rahmen unseres Projektes Trade Unions for Energy Democracy (TUED) publizieren. In einer der bislang umfassensten Abhandlungen zum Thema definieren Sean Sweeney und John Treat, beide vom Murphy Institute der City University of New York (CUNY), nicht nur das Konzept einer gerechten Energiewende, sondern sie führen uns zugleich an seine Geschichte und die Polemiken, die die Diskussion um „Just Transition“ von jeher begleitet haben, heran. Die Autoren stellen die Entwicklung eines Ansatzes vor, der seinen Ursprung in der US-amerikanischen Gewerkschaftsbewegung hat. Zunächst fast ausschließlich von Arbeitern aufgegriffen, die von umweltpolitischen Maßnahmen betroffen waren, wurde das Konzept im Laufe der Zeit grundsätzlich erweitert. Heute steht es es für einen sozialen und ökologischen Wandel im allgemeineren Sinne – nicht nur im Bereich des Konsums, sondern auch der Produktion. Dennoch bevorzugen viele internationale Gewerkschaften und andere politische Akteure heute ein Modell des “sozialen Dialogs”, das explizit akzeptiert, dass eine gerechte Energiewende nur mit Kompromissen zu erreichen sei. Dieses Modell untergräbt die transformativen Möglichkeiten des Konzepts der „Just Transition“, die für den Erhalt unseres Planeten so dringend notwendig sind. Die Autoren sprechen sich deshalb für einen alternativen Ansatz des „Social Power“ aus, der derzeit nicht nur in der Gewerkschaftsbewegung auf wachsende Zustimmung stößt, sondern auch in vielen der größeren sozialen Bewegungen. Eine gerechte Energiewende, die auf eine Vision des „Social Power“ zurückgreift, geht keine Kompromisse ein, wenn es um die sofortige Verringerung von CO2-Emissionen geht. Sie muss zudem unnachgiebig sein in ihrer Forderung danach, dass Arbeiter und arme Gemeinden nicht zu Opfern der verschiedenen Übergänge und Wandlungen werden dürfen, derer die Energiewende bedarf. Ein gerechte Energiewende, die einen „Social Power“-Ansatz verfolgt, muss radikal demokratisch sein und inklusiv vorgehen. Und sie muss an vorderste Front die Einsicht stellen, dass wir, wenn wir den Herausforderungen, denen sich unsere Welt derzeit gegenüber sieht, gewachsen sein wollen, eines tiefgreifenden sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandels bedürfen. Wir hoffen, dass wir Ihr Interesse für diese Studie wecken konnten, denn es handelt sich hier um eines der brennensten Themen unserer Zeit. Dieses Arbeitspapier leistet einen extrem wichtigen Beitrag zu unserem Verständnis davon, was auf dem Spiel steht und es zeigt zugleich auf, welche Kapazitäten uns zur Verfügung stehen, um den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandel herbeizuführen – bevor es zu spät ist.


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