Januar 15, 2021

Klassenkampf und Solidarität: Was die Arbeiterbewegung unter Biden immer noch braucht

Kari Thompson

Dieser Beitrag ist Teil unserer Artikelreihe “Am Rande des Abgrunds: eine progressive Agenda für die Biden-Ära“.

Während die COVID-19-Pandemie immer noch nicht eingedämmt wurde, hat die Arbeiterklasse weiterhin schlechte Karten: eine ins Stocken geratene Wirtschaft mit rasant zunehmender Ungleichheit; ein schlechtes Arbeitsrecht und noch schlechtere, unternehmerfreundliche Gerichte, die es gegen die Arbeitnehmer*innen durchsetzt; eine Handelspolitik, die Konzernen zu viele Rechte einräumt; die nicht unter Kontrolle gebrachte Klimakrise und dazu Selbstzufriedenheit in zu vielen Teilen der Gewerkschaften. Die neue Biden-Regierung will die arbeitnehmer*innen freundlichste US-Administration aller Zeiten werden. Aber ohne organisierten öffentlichen Druck wird sie sich schnell darauf beschränken, die unter Trump entstandenen Probleme zu lösen, ohne einen Plan zu entwickeln, mit dem die strukturellen Verluste der letzten 40 Jahre wieder rückgängig gemacht werden könnten. Ein scheibchenweiser Reformansatz wird nicht zu dem Wandel führen, den Arbeitnehmer*innen nötig haben. Eine bessere Zukunft für Gewerkschaften und Arbeitnehmer*innen ist möglich, aber nur, wenn wir sie einfordern.

Zur Lage der Dinge

Im August 2020 gab der Vorstand der United Electrical, Radio and Machine Workers of America (UE), dem gewählte Gewerkschaftsmitglieder und die UE-Funktionär*innen auf Bundesebene angehören, eine Erklärung mit der Feststellung ab, dass „die Arbeiterklasse sich keine weiteren vier Jahre Trump leisten kann“, und dass der einzige Weg, „Trump aus dem Amt zu entfernen… darin besteht, Joe Biden zu wählen“.

Nicht um Biden blind zu unterstützen, sondern weil ihnen die Bedeutung der von der Trump-Regierung ergriffenen Maßnahmen bewusst war, schrieben sie: „Präsident Trump hat die Rechte von Arbeitnehmer*innen viel aggressiver angegriffen als alle seine Vorgänger, Regulationsmechanismen geschwächt und das Arbeitsministerium, das National Labor Relations Board und die OSHA [Occupational Safety and Health Administration] mit Konzernhandlangern besetzt. Seine Ernennungen in den Obersten Gerichtshof führten zu gegen Arbeitnehmer*innen gerichtete Urteile, einschließlich der „Janus“-Entscheidung, die Gewerkschaften im öffentlichen Sektor schwächt; und seine ständigen Bemühungen, die Bundesgerichte mit arbeitnehmerfeindlichen Richter*innen zu besetzen, lässt weitere solcher Urteile befürchten.“

Am 3. November 2020 wurde Biden bei einer Wahl mit Rekordbeteiligung zum Präsidenten gewählt. Laut Nachwahlbefragungen beteiligten sich mehr Wähler*innen der Arbeiterklasse an den Wahlen, und mehr von ihnen wählten die Demokraten als bei den Präsidentschaftswahlen 2016. Dagegen stimmten wohlhabende Haushalte weiterhin eher für Trump. Im Jahr 2020 stimmten 57% der Menschen in Gewerkschaftshaushalten, das heißt Haushalten, in denen mindestens ein Gewerkschaftsmitglied lebt(e), für Biden und 40% für Trump. Das ist eine beträchtliche Verschiebung im Vergleich zu 2016, als Trump bei den Stimmen der Gewerkschaftshaushalte mit nur acht Prozentpunkten unterlag.

Für die Arbeiterbewegung ist das ein gutes Ergebnis. Es versetzt Gewerkschaften in die Lage, sich mit robusten Forderungen in der Biden-Regierung Gehör zu verschaffen, sowohl was die gewerkschaftliche Organisationsarbeit wie auch die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation angeht.

Gesundheitspersonal von Cook County Health auf Streikposten vor dem Stroger Krankenhaus beim eintägigen Streik am 22. Dezember 2020 in Chicago, Illinois (Foto: Scott Olson/Getty Images)

Leider konzentrierten sich führende Gewerkschafter*innen bisher eher darauf, wer das Arbeitsministerium leiten wird, statt sich zu überlegen, was diese Person tun sollte und wie es mit anderen wirtschaftspolitischen Maßnahmen kombiniert werden könnte. Dass Biden so lange gebraucht hat, um seinen langjährigen Freund Marty Walsh für den Posten zu nominieren, ist bedenklich und deutet darauf hin, dass Biden selbst keine klare Vorstellung davon hat, was diese Person erreichen soll.

Letztendlich müssen die Gewerkschaften einem programmorientierten Ansatz Vorrang geben, damit durch die Durchsetzung der ökonomischen Interessen von Arbeitnehmer*innen ein Machtzuwachs erfolgt. Die dramatischen Arbeitslosenzahlen zu Beginn der Pandemie sind zwar inzwischen etwas gesunken, jedoch weist das Economic Policy Institute darauf hin, dass noch immer mehr als 25,5 Millionen Arbeitnehmer*innen in den USA ihren Arbeitsplatz verloren haben oder zur Kurzarbeit gezwungen sind. Natürlich treffen diese Arbeitsplatzverluste diejenigen am stärksten, die bereits vorher über die geringsten Ressourcen verfügten. Die Vermögensungleichheit hat zugenommen, während Jeff Bezos, Elon Musk, die Familie Walton und andere unvorstellbar reich wurden. Die Soforthilfe, die der Kongress Ende 2020 verabschiedet hat, ist weit davon entfernt, als Polster gegen COVID-19 und das dadurch ausgelöste wirtschaftliche Leid zu genügen.

Was die Arbeiterklasse braucht

Bevor wir unsere Zielsetzung an das realpolitisch Machbare anpassen, muss über die Bedürfnisse der Arbeiterklasse Klarheit hergestellt werden. Einer Korrektur der Entwicklungen in der Wirtschaft ist höchste Priorität beizumessen. Jedes neue Konjunkturprogramm muss den Ministerien und Kommunen Mittel zur Verfügung stellen, damit Massenentlassungen und Haushaltskürzungen verhindert werden können. Darüber hinaus brauchen wir ein umfassendes Programm zur Sicherung der Arbeitsplätze, das auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten ist und sich der Gefahren des Klimawandels und potentieller neuer Gesundheitskrisen bewusst ist – ein „Green New Deal“. Erforderlich sind massive Investitionen in die Infrastruktur, in das Gesundheitswesen und in die Bildung. Die Investitionen sollten an Bedingungen geknüpft werden: dass die geschaffenen Arbeitsplätze qualitativ hochwertig sind, dass die dort eingestellten Arbeitnehmer*innen sich gewerkschaftlich organisieren können und dass die Stellenangebote auf Communitys und Bevölkerungsgruppen zugeschnitten sind, die am meisten unter Deindustrialisierung, Klimakrise und systematischen Rassismus leiden.

Die COVID-19-Pandemie macht deutlich, dass eine US-Regierung mehr tun muss, um eine Gesundheitsversorgung für alle, unabhängig von der Anstellung, zu gewährleisten. Unser marodes Gesundheitssystem langfristig zu sanieren, erfordert eine Art Medicare for All, das heißt eine öffentliche Krankenkasse für alle Menschen im Land – eine Konzeption, die die UE seit den 1940er Jahren unterstützt.

Arbeitnehmer*innen brauchen eine taugliche Rechtsgrundlage, um sich gewerkschaftlich besser organisieren zu können. Das ist für uns lebenswichtig. Eine kürzlich veröffentlichte Studie ergab, dass es in Pflegeheimen in New York, in denen das Personal gewerkschaftlich organisiert war, 42% weniger COVID-19-Infektionen und 30% weniger Todesfälle gab als in Pflegeheimen, in denen das nicht der Fall war. Überall im Land erkämpften sich Arbeitnehmer*innen gemeinsam persönliche Schutzausrüstung und angemessene Sicherheitsmaßnahmen. Dies erfolgte nicht nur im Rahmen der UE und anderer Gewerkschaften, sondern auch an Arbeitsplätzen, an denen die Arbeitnehmer*innen nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Der Kongress muss eine umfassende Arbeitsrechtsreform wie den Workplace Democracy Act und den PRO Act verabschieden, damit Arbeitnehmer*innen ihr volles Recht auf gewerkschaftliche Organisation, Kollektivverhandlungen und Streik wahrnehmen können.

Was wir zu erwarten haben

Wahrscheinlich wird die Biden-Administration für einige Verbesserungen für Arbeitnehmer*innen sorgen, besonders in Bereichen, die mit der Pandemie-Bekämpfung verbunden sind. Vorab sollten Richtlinien für den „Standard für Infektionskrankheiten“ der Behörde für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (OSHA) erstellt werden. Sie würden festlegen, dass in Gesundheitseinrichtungen und an den meisten anderen Arbeitsplätzen Protokolle zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten befolgt werden müssen. Die Gewerkschaften nehmen an, dass für Arbeitnehmer*innen ungünstige Entscheidungen des National Labor Relations Board zurückgenommen und freie Stellen für Ermittler*innen bei der OSHA neu besetzt werden.

Solche Maßnahmen sind zwar hilfreich, beschränken sich jedoch auf Nebenschauplätze, ohne die Hauptprobleme im Bundesarbeitsrecht, das die Interessen der Arbeitgeber*innen über die der Arbeitnehmer*innen stellt, adäquat anzugehen. Zudem sind solche Maßnahmen angesichts der Arbeitsmarktsituation veraltet. Wenn lediglich widrige Entscheidungen rückgängig gemacht werden, haben die Gewerkschaften nichts davon, zumal derzeit weniger als 10% der US-amerikanischen Arbeitnehmer*innen gewerkschaftlich organisiert sind. Von Arbeitsminister Walsh ist in dieser Hinsicht nicht viel zu erwarten.

Darüber hinaus ist es dem Republikanischen Senator Mich McConnell gelungen, Bundesgerichte mit unternehmensfreundlichen Richter*innen zu besetzen. Dies wird langfristige Auswirkungen auf Arbeitnehmer*innenrechte haben, unabhängig von der Kontrolle des Senats durch die Demokrat*innen. Die Gewerkschaften werden mit den Auswirkungen eines Supreme-Court-Urteils zu kämpfen haben, laut dem Arbeitnehmer*innen im öffentlichen Sektor die Zahlung von Gewerkschaftsbeiträgen verweigern dürfen, obwohl sie von gewerkschaftlich ausgehandelten Verträgen profitieren. Die Gewerkschaften müssen darauf gefasst sein, dass der Oberste Gerichtshof diese Entscheidung eventuell auch auf den privaten Sektor ausweitet.

Auf die Gerichte zum Schutz ihrer Rechte können sich Arbeitnehmer*innen nicht verlassen. Das machen zahlreiche Entscheidungen deutlich: vom Dred-Scott-Urteil im Jahr 1857 bis hin zu den Urteilen, die die neue Oberste Richterin Amy Coney Barrett in ihrer Tätigkeit davor als Berufungsrichterin fällte. Sie hielt die rassistische Diskriminierung am Arbeitsplatz aufrecht. Die Justiz priorisiert immer den Schutz von Institutionen, die den Status quo bewahren und gesteht neue Rechte nur dann zu, wenn eine breite Öffentlichkeit dies einfordert.

Darüber hinaus müssen Aktivist*innen schnelle Mobilisierungsfähigkeiten erwerben, damit neue konzernfreundliche Handelsabkommen verhindert werden. Biden war ein Architekt des Trans Pacific Partnership (TPP)-Abkommens, das letztendlich nicht zustande kam. Er wird möglicherweise versuchen, es wiederzubeleben.. Andererseits ist seine Wahl von Katherine Tai zur designierten US-Handelsbeauftragten positiv zu bewerten. Tai führte die Verhandlungen über NAFTA 2.0 für die Demokraten-Mehrheit im Kongress. Dabei half sie, die Bestimmungen des neuen Abkommens zu stärken, die garantieren sollen, dass mexikanische Arbeitnehmer*innen unabhängige Gewerkschaften gründen und über bessere Löhne und Sozialleistungen verhandeln können. Eine Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer*innen in anderen Ländern ist der beste Weg, um zu verhindern, dass US-Firmen ihre Produktion ins Ausland verlagern und fördert somit Investitionen in die heimische Produktion.

Tais Nominierung zeigt, dass das alte „Freihandelsmodell“, das von NAFTA, der Welthandelsorganisation und dem vorgeschlagenen TPP verkörpert und seit Jahrzehnten von den Republikanern und dem rechten Flügel der Demokraten verfochten wird, nicht mehr haltbar ist. Es bleibt jedoch abzuwarten, in welchem Maß sich Tai und die Biden-Administration für eine Politik einsetzen werden, die die Löhne und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer*innen, insbesondere der in der Produktion tätigen, in allen Ländern verbessert. Dies ist die einzige politische Strategie, die unsere Arbeitsplätze wirklich vor der Globalisierung schützen könnte. Arbeitnehmer*innen müssen weiterhin wachsam bleiben und bereit sein, den öffentlichen Druck aufrechtzuerhalten.

Bisher zeigt Bidens Auswahl für sein Kabinett und seine Berater*innen eine klare Präferenz für Großkonzernen nahestehende Zentristen und Angestellte der ehemaligen Obama-Regierung. Drei der von ihm Ausgewählten sind bei der Investmentgesellschaft BlackRock angestellt, dem weltweit größten Vermögensverwalter und Deregulierer. Sein Verteidigungsminister sitzt im Vorstand von Raytheon, einem der weltweit größten Waffenhersteller. Die Arbeiterklasse muss also vor Kriegstreiberei auf der Hut sein.

Ein überraschender, positiver Gegenpol zu den Zentristen ist Deb Haaland, Bidens Wahl für den Posten der Innenministerin. Allein schon die Ernennung einer indigenen Frau zur Leiterin des Ministeriums, dem das Bureau of Indian Affairs untersteht, hat schon erhebliche Auswirkungen. Zudem stammt Haaland aus der Arbeiterklasse und war sowohl vor als auch während ihrer Amtszeit als Kongressabgeordnete eine couragierte Aktivistin.

Bislang sind zentristische Demokrat*innen, einschließlich Biden, nicht bereit, den Green New Deal auch nur in Betracht zu ziehen. Die Arbeiterbewegung sollte jedoch jede Gelegenheit nutzen, um im Green New Deal enthaltene Vorschläge umzusetzen, selbst wenn dies nur schrittweise möglich ist. Dabei müssen wir uns allerdings bewusst sein, dass diese Vorgehensweise alleine nicht zu vollständiger ökologischer oder wirtschaftlicher Gerechtigkeit führen wird.

Nach der Stichwahl für einen der beiden Senatssitze von Georgia, mit der eine Demokraten- Mehrheit im Senat bestätigt wurde, hat die Biden-Administration nun ein kurzes Zeitfenster von zwei Jahren für Großprojekte.

Wie wir unsere Ziele durchsetzen

Der durch die Pandemie ausgelöste drastische Wirtschaftsabschwung eröffnet der Arbeiterklasse Spielräume, die wir aber nur nutzen können, wenn wir uns auf einen Plan einigen können, der langfristig die Interessen von Arbeitnehmer*innen statt die der Konzerne berücksichtigt. Durchsetzen können wir uns nur mit nach außen hin sichtbaren Aktionen, die das business as usual stören, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Es gibt guten Grund zur Annahme, dass weite Teile der Bevölkerung zum Druck auf Biden und den Kongress mobilisiert werden können, insbesondere wenn die Gewerkschaften dabei die Führungsrolle übernehmen und ein breites Bündnis herstellen, das auch Black Lives Matter und Umweltaktivist*innen umfasst. Die Demokraten waren in den letzten Wahlen zwar nicht besonders populär, aber das gilt nicht für eine arbeiternehmerfreundliche Politik.

In Florida, wo Trump 2020 deutlich besser abschnitt als im Jahr 2016, verabschiedeten die Wähler*innen mit überwältigender Mehrheit eine Initiative zur Einführung eines Mindeststundenlohns von 15 US-Dollar. Die Kampagne für eine Krankenkasse für alle, die Labor Campaign for Single Payer, schrieb in einer E-Mail an ihre Unterstützer*innen: „Obwohl die Demokraten Sitze im Kongress verloren haben, erlitt keine einzige Kandidat*in, die den Medicare for All Act unterstützte, eine Niederlage. … Selbst in Wahlbezirken mit Wechselwähler*innen wurden Unterstützer*innen von Medicare for All … wiedergewählt, während Gegener*innen in solchen Wahlbezirken Niederlagen erlitten.“

Die Gewerkschaften sollten sich überlegen, was sie aus den neuen Möglichkeiten kreativ machen können. Wir erben ein Bundesverwaltungssystem, das aufgrund von Unterfinanzierung und Privatisierung geschrumpft ist. Das Vertrauen in unsere Institutionen können wir erneut herstellen, wenn wir damit Arbeitsplätze schaffen und so Communitys wieder belastbar machen. Wir sollten dort beginnen, wo wir ein offenes Ohr finden. Zum Beispiel wäre mit Haaland als Innenministerin zu überlegen, welche Art von Programmen für GrüneArbeitsplätze wir entwickeln können, damit unsere natürlichen Ressourcen nicht geplündert werden, sondern erhalten bleiben. Vielleicht ruft sie ein neues ziviles Naturschutzkorps ins Leben, das Bleiwasserleitungen ersetzt und Kohleasche entfernt. Damit könnten viele Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen.

Menschen protestieren gegen die Arbeitsbedingungen im Amazon-Warenlager und Abfertigungszentrum in Staten Island, New York City, am 1. Mai 2020. (Foto: Stephanie Keith/Getty Images)

Noch eine weitere Möglichkeit: Bidens Wahl von Xavier Becerra ins Amt des Gesundheitsministers ist angesichts von dessen mangelnder Erfahrung im Bereich der öffentlichen Gesundheit seltsam. In der Vergangenheit hat er die Forderung nach Medicare for All unterstützt, folgte dann jedoch Bidens Wunsch, diesen Plan nicht weiter voranzutreiben. Becerras Partnerin, Carolina Reyes, machte sich dagegen mit Geburtshilfe und Perinatal-Medizin in unterversorgten Communitys einen Namen. Vielleicht hat sie einen positiven Einfluss. Da die USA die Pandemie nicht in den Griff bekommen, sollten die Gewerkschaften massive Investition in das bestehende, aber unterfinanzierte National Health Service Corps fordern, das dem Gesundheitsministerium untersteht. Wir sollten Tausenden von Arbeitnehmer*innen Tariflöhne bezahlen, sie in Test- und Impf-Protokollen schulen und ihnen dann eine Hochschulausbildung im Gesundheitsbereich finanzieren.

Wir sollten uns auch nicht scheuen, dort, wo wir weniger Verbündete haben, ausgefallene Vorschläge zu machen. Zum Beispiel stellen die Mitglieder des UE Ortsverbands 506 in Erie in Pennsylvania Lokomotivenmotoren her. Sie erhalten solide Löhne und Sozialleistungen, die über die Jahre gewerkschaftlich erkämpft worden sind. Die UE-Mitglieder wären gerne Pioniere in der Produktion elektrischer und mit sauberer Energie betriebener Lokomotiven für ein US-weites Hochgeschwindigkeitsnetz. Ob Verkehrsminister Pete Buttigieg genug Weitsicht hat, um sich diesen wirtschaftlich wie ökologisch so positiven Plan zueigen zu machen, ist unklar. Aber das sollte uns nicht davon abhalten, uns für diese ehrgeizige Idee einzusetzen.

Wir Arbeitnehmer*innen müssen unsere Kämpfe auf den Straßen sichtbar machen. Dabei gilt es, Taktiken wie Groß-Demonstrationen, Streiks und zivilen Ungehorsam, einschließlich Betriebsbesetzungen, anzuwenden. Nur so können wir die kapitalistischen Strukturen dazu zwingen, unseren Forderungen nachzugeben. Diejenigen in der Arbeiterbewegung, die noch wissen, wie man/frau solche Aktionen ausführt, sollten ihr Wissen an die neue Generation von Aktivist*innen weitergeben. Angesichts der jüngsten Ereignisse müssen solche Aktionen sorgfältig organisiert werden, damit sie die Interessen des Kapitals wirklich ins Visier nehmen und nicht als bloße Theateraufführung auf dem Kapitolsberg enden.

Wenn sich die Arbeiterbewegung auf Themen, die sich direkt auf arbeitende Menschen und ihre Familien auswirken, wirklich konzentriert, kann sie alte Spaltungen überwinden, die während der Trump-Regierung nur stärker geworden sind. Biden gewann eindeutig die Wahl, aber Trump erhielt viele Millionen Stimmen aus der Arbeiterklasse. Wie UE-Funktionär*innen in einer Erklärung nach der gewalttätigen Kapitolsbesetzung vom 6. Januar 2021 feststellten: „Die Zunahme von rechtsextremen und White-Supremacy-Gruppen ist nicht nur eine Gefahr für unsere Demokratie und für das Leben und die Sicherheit von People of Color, sondern versperrt auch den Weg zur Einheit der Arbeiterklasse, die wir brauchen, um wirtschaftliche Gerechtigkeit und einen angemessenen Lebensstandard zu erlangen.“ Weder die Wahlergebnisse noch der jüngste Aufruhr bedeuten, dass Biden oder die Gewerkschaften sich den Republikanern anbiedern sollten. Vielmehr ist ein entschiedenes Programm erforderlich, das Menschen um unsere gemeinsamen Interessen als Arbeitnehmer*innen vereint.

Kari Thompson ist Leiterin für internationale Strategien und Co-Direktorin für Bildung in der UE. Bevor sie ihre Tätigkeit im UE-Team aufnahm, war sie gewerkschaftlich in der UE in Iowa organisiert.


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