Ein Ansatz zur Verteidigung des Rechts auf angemessen Wohnraum
Die Welt durchlebt eine beispiellose Wohnungskrise. Schätzungsweise 1,6 Milliarden Menschen leben in inadäquaten Unterkünften, über 100 Millionen sind obdachlos und weitere sechs Millionen Menschen wurden aus ihrem Wohnraum verdrängt. Sofern nichts unternommen wird, werden diese Zahlen aufgrund der rasanten Urbanisierung der Weltbevölkerung weiter wachsen. Die Krise hat viele Facetten, die von Zwangsräumungen bis zu Gentrifizierung reichen; von der Hypothekenkrise bis zu Kürzungen im sozialen Wohnungsbau und dem exponenziellen Wachstum von Slums. Die Ursachen der Wohnungskrise sind Kriege und Zerstörungen, Naturkatastrophen, der Klimawandel und fehlgeleitete, kapitalgesteuerte Entwicklungsprojekte. Im Grunde ist die Krise Resultat des neoliberalen Gesellschaftsmodells, das nicht vermag, die Versorgung mit Wohnraum als fundamentales Recht aller Menschen auf dieser Erde anzuerkennen.
Die Vereinten Nationen und andere internationale und zivilgesellschaftliche Organisationen haben auf unterschiedlichen Wegen versucht, Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken und Instrumente zur Verfügung zu stellen, die es staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren ermöglichen, der anwachsenden Krise entgegenzuwirken. Internationale Organisationen sind von unschätzbarem Wert für die Institutionalisierung von Menschenrechtsnormen und für die Maßregelung derer, die das Menschenrecht auf angemessenen Wohnraum verletzen. Die Frage ist, was sie genau tun, wie sie am wirkungsvollsten agieren können und wo ihre Grenzen liegen, wenn es darum geht, die Wohnungskrise aufzuhalten.
In dieser Studie berichtet Miloon Kothari, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für angemessenes Wohnen, über die globale Wohnungskrise und die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die sie erzeugt. Dabei betrachtet er insbesondere Zwangsräumungen und andere Formen der Verdrängung aufgrund von Kriegen und Katastrophen — die ihren Ursprung in der Natur haben oder von Menschen erzeugt sein können, wie beispielsweise als Folge fehlgeleiteter Entwicklungspolitik.
Als Sonderberichterstatter sowie als Gründer und früherer Direktor des Housing and Land Rights Network India hatte Kothari wesentlichen Einfluss auf die UN-Reaktionen auf die Wohnungskrise und nicht zuletzt auch auf die Ausgestaltung von globalen Standards für den Umgang mit Verdrängung. In dieser Studie gibt er Einblicke in die Maßnahmen der Vereinten Nationen, die Wohnungskrise zu lösen, und er diskutiert, in welchem Umfang diese auf der nationalen und lokalen Ebene umgesetzt wurden. Kothari schließt mit Empfehlungen, wie man die Macht der Regierungen und der Unternehmen, die Land enteignen, eindämmen kann, um die Menschen besser vor Obdachlosigkeit, Verdrängung und anderen Formen unangemessenen Wohnens zu schützen.
Mieten- und Stadtpolitik ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit im New Yorker Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Diese Studie ist die zweite in unserer „City Series“ und stellt eine Weiterführung und Vertiefung unserer Beschäftigung mit diesem wichtigen Politikfeld dar. Die erste Studie in dieser Serie, „Urbane Austerität“ von Jamie Peck, ist hier zugänglich.