Juli 10, 2012

Gefährliche Partnerschaft

Lou Pingeot

Private Militär- und Sicherheitsfirmen und die UNO

Immer mehr Staaten lagern traditionell staatliche Aufgaben an private Unternehmen aus. Inzwischen bleiben vom Outsourcing selbst die Kernbereiche Sicherheit und Militär nicht länger verschont. Das berüchtigtste Beispiel hierfür ist die Übertragung genuin militärischer Aufgaben durch das Pentagon an das Unternehmen Blackwater im Irak.

Der Industriezweig der privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen (PMSC) hat deshalb in den letzten Jahren, inmitten der globalen Krise, einen regelrechten Boom erlebt. Zugleich vollzog sich eine starke Firmenkonzentration, die dazu geführt hat, dass einige wenige Konzerne nunmehr über ein geographisch weit aufgestelltes Potential verfügen und ein breites Angebot an Dienstleistungen anbieten können, die von Risikobewertungen bis hin zu bewaffneten Sicherheitseinsätzen reichen. Im Zuge dessen haben die Konzerne es vermocht, ihren politischen Einfluss massiv auszuweiten. Nicht nur rekrutieren sie ihr Personal aus den Staatsapparaten und Armeen (wo zuvor die Gesellschaften für ihre Ausbildung aufkommen mussten), sondern sie pflegen auch privilegierte Beziehungen zu den Regierungen der westlichen Welt.

Weniger bekannt ist, dass auch die UNO bei ihren weltweiten Einsätzen zunehmend Partnerschaften mit privaten Militär- und Sicherheitsfirmen eingeht – zum Schutz der UN-Mitarbeiter und zur Sicherung der Operationen, wie es heißt.

Warum, so lässt sich fragen, arbeitet nun auch die UNO mit diesen Unternehmen zusammen, im Namen von Frieden und Gerechtigkeit? Aus Kostengründen, so heißt es, und weil das Personal dieser privaten Firmen im Gegensatz zum begrenzten UN-Personal jederzeit einsatzbereit sei. Aber lässt sich die Zusammenarbeit mit der Aufgabe und dem Selbstverständnis der UNO vereinbaren, eine sichere und gerechtere Welt zu schaffen, die auf Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit beruht?

Der verstärkt Einsatz privater Sicherheitsfirmen resultiert nämlich nicht zuletzt daraus, dass sich die UNO-Missionen in den letzten Jahren gewandelt haben. Bei „robusten“ Friedenseinsätzen werden immer öfter militärische, politische und humanitäre Ziele miteinander verknüpft – was dazu führen kann, dass die UNO, mehr jedenfalls als früher, als Kriegspartei wahrgenommen wird. Im Umkehrschluss gewinnt vor diesem Hintergrund „Sicherheit“ auch für die UNO größere Bedeutung. Immer öfter müssen sich UNO-Mitarbeiter regelrecht in ihren Einrichtungen verschanzen, mit hohen Schutzmauern und bewaffnetem Sicherheitspersonal umgeben.

Hinzu kommt, dass es bislang kaum Richtlinien im Umgang mit PMSC gibt, geschweige denn klare Verantwortlichkeiten. Wie soll da die Einhaltung von Standards und Prinzipien kontrolliert werden?

Eines jedenfalls ist klar: Soll dieser bedenkliche Zustand geändert werden, muss man das gesamte Sicherheitskonzept der UNO überdenken.

In der viel rezipierten Gemeinschaftsstudie von Rosa-Luxemburg-Stiftung und Global Policy Forum geht Lou Pingeot der Problematik auf den Grund. Sie zeigt, dass die Sicherheitsunternehmen bei ihren Einsätzen immer wieder Rechtsbrüche begehen – bis hin zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Zugleich kritisiert Pingeot, dass das Outsourcing von Sicherheitsdienstleistungen die Politik der UNO verschiebt, ihr Selbstverständnis untergräbt und damit letztlich die Institution selbst zum Negativen hin verändert. Ihre Schlussfolgerung: Diese „Sicherheitspartnerschaften“ müssen in Zukunft nicht nur besser kontrolliert werden; vielmehr sollte die UNO diese Art der Zusammenarbeit vor dem Hintergrund ihres Selbstverständnisses prinzipiell überdenken.

Bisher hat es die UNO vermieden, in der Öffentlichkeit über das Outsourcing von Sicherheitsaufgaben zu diskutieren. Diese Politik des (Ver-)Schweigens ist nach Pingeots Studie nicht länger möglich.

 


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