Das linke politische Spektrum ist nicht zuletzt durch seine Vielschichtigkeit gekennzeichnet – im Positiven wie im Negativen. Diese Aussage kann auch für die europäischen Linksparteien Gültigkeit beanspruchen. Hier reicht das Spektrum von linken Neugründungen, wie etwa Die Linke in Deutschland oder der Front de Gauche in Frankreich, über links-grüne und reformkommunistische bis hin zu eher traditionell linken Parteien. Manche von ihnen, darunter auch Die Linke, sind auch im Europäischen Parlament vertreten, wo sie in der Fraktion „Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke“ (GUE/NGL) kooperieren. Zudem gibt es verschiedene europaweite Zusammenschlüsse linker Parteien: die Europäische Linke (EL), das Forum der Neuen Europäischen Linken (NELF) und die Allianz der Nordischen Grünen Linken (NGLA).
Die Unterschiede zwischen den europäischen linken Parteien bedeuten also nicht, dass es keine Gemeinsamkeiten gibt. Im Gegenteil: All diesen Parteien ist gemein, dass sie der sozialen Gerechtigkeit, Demokratie und einem Europa verpflichtet sind, in dem die Menschen in Würde, sozialer Sicherheit und Frieden leben. Auch haben sie sich am Widerstand gegen neoliberale Programme der Privatisierung und Austerität beteiligt. Bei bestimmten Anlässen kam es darüber hinaus auch zu konkreter Kooperation, beispielsweise im Widerstand gegen den Irakkrieg oder gegen die sogenannte europäische Verfassung. Dennoch haben sie es bislang nicht vermocht, eine populäre Alternative zum Neoliberalismus zu formulieren.
Dies hat die Linke mancherorts in eine Krise gestürzt und plastisch veranschaulicht, dass die Entwicklung einer modernen pluralistischen Alternative, die ihre geschichtlichen Traditionen ebenso aufnimmt wie die Notwendigkeit einer Offenheit und Erneuerung, immer noch in ihren Anfängen steckt.
Der vorliegende, 2009 veröffentlichte Reader soll Interessierten einen Überblick geben über die Situation linker Parteien im Europa des Umbruchs. Berichte verschiedener Autorinnen und Autoren vermitteln einen Überblick über deren widersprüchliche Entwicklung in 22 Ländern Europas: Belgien, Frankreich, Niederlande, Luxemburg, Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden, Großbritannien, Irland, Österreich, Tschechien, Deutschland, Polen, Slowakei, Italien, Spanien, Portugal, Zypern, Bulgarien, Rumänien und Türkei.