März 7, 2025

US-Dominanz in der UN: Ist jetzt der Lack ab?

Barbara Adams

Vor einem Monat herrschte in den Korridoren und Konferenzräumen des UN-Hauptquartiers die übliche Dynamik. Die tonangebenden USA gaben Erklärungen ab, während sich andere diskret, aber bestimmt dagegen stemmten.

Das politische Drehbuch der USA kommt simpel daher: mit ihrer wirtschaftlichen Macht im Rücken einen Handelskrieg führen und den Zollhammer schwingen, um Zugeständnisse zu erzwingen. Ist das so einfach – auch weil sich die Handelspartner in einer Sackgasse befinden?

Fakt ist: der US-Markt ist seit Jahrzehnten der weltweit größte Absatzmarkt. Zu diesem Machtfaktor wurde er durch die fragwürdige Politiken der Weltbank, die exportorientiertes Wachstum propagiert. 

Ein Kurswechsel wird schmerzhaft und politisch explosiv sein. Aber vergessen wir nicht, dass schon das gegenwärtige Wirtschaftsmodell untragbar ist.

Unter ihrer neuen Regierung haben sich die USA aus den Verhandlungen über das UN-Rahmenübereinkommen über internationale Steuerzusammenarbeit (3. Februar) zurückgezogen.  Doch hätten die USA das Abkommen überhaupt jemals ratifiziert? Schon früher haben US-Regierungen die Rolle der Vereinten Nationen in makroökonomischen Fragen torpediert, indem sie strategisch auf den G20-Prozess setzten und Entscheidungsbefugnisse gezielt auf die Bretton-Woods-Institutionen (BWI) umleiteten. Die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat sind wohlbekannt. Aber das eine Veto, das im Governance-Modell mit Anteilseignermacht der BWI verborgen ist, wird oft übersehen.

Vergessen wir nicht die jahrzehntelange schrittweise Untergrabung des Kyoto-Protokolls – und nun haben sich die USA erneut aus dem Pariser Abkommen verabschiedet. Ja, die „Klimakonferenz COP“ einigte sich 2022 auf die Einrichtung eines Fonds für Schäden und Verluste, doch dieser wurde letztlich bei der Weltbank angesiedelt – und das unter der Biden-Regierung.

Gleichzeitig haben die USA ihren Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) signalisiert. Über mehr als ein Jahrzehnt hinweg gehörten sie zu den drei größten Gebern der Organisation. Doch der Großteil der US-Mittel floss nicht in multilaterale Programme zur Förderung der öffentlichen Gesundheit, sondern war zweckgebunden für spezifische Programme, die den Interessen der Geldgeber entsprachen. Der Weg für diese Zweckbindung wurde bereits 1998 geebnet, als die Vorgabe abgeschafft wurde, dass 51 Prozent des Budgets aus Pflichtbeiträgen zu finanzieren sind.

Die WHO ist nicht die einzige UN-Organisation, die von US-Finanzkürzungen oder -rückzügen bedroht ist. Denn davon ist das gesamte UN-Entwicklungssystem samt seiner Träger betroffen.  Viele dieser Institutionen wurden geschwächt und haben nun neben humanitärer Hilfe immer mehr zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Diese Zweckbindung der Mittel ist ein uraltes Problem im UN-System. Sie hat es einer Handvoll großer Geber ermöglicht, die Arbeitsweise des UN-Entwicklungssystems in eine marktorientierte Richtung mit entsprechenden „Lösungen“ zu lenken. Programme folgen dann primär den Prioritäten der Geldgeber. Nicht zu unterschätzen ist, dass sich dabei bei Empfängern ein gewisser „Chill Factor“ breit macht – eine Atmosphäre der Selbstzensur.

Zu den vielen Handlungen der USA im UN-Hauptquartier im vergangenen Monat gehörte die Aufsehen erregende Abstimmung am 24. Februar, als sie sich mit Russland im Sicherheitsrat sowie in der Generalversammlung zu Resolutionen über Frieden und Sicherheit in der Ukraine abstimmten.

Am 6. Februar schlugen die USA im UNICEF-Exekutivrat die Streichung der Begriffe „diversity“ und „inclusion“ aus Programmen für Kinder mit Behinderungen vor. Der Vorschlag wurde nicht angenommen. Am 4. März stimmten die USA als einziges Land gegen drei Resolutionen der UN-Generalversammlung zu laufenden Programmen: dem International Day of Judicial Well-Being, Education for Democracy und International Day of Hope.

Dabei äußerten die USA die Position, die Agenda 2030 und die nachhaltigen Entwicklungsziele „verfolgen ein Modell von sanfter globaler Governance, das mit der Souveränität der USA nicht vereinbar ist und die Rechte und Interessen von Amerikanern untergräbt.“ Die USA würden eine Kurskorrektur bei der „Gender- und Klimaideologie“ vornehmen, zwei vermeintlichen Hauptpfeilern der SDGs. Insofern würden die USA „Agenda 2030 und die SDGs zurückweisen und verurteilen“.

Die Unverblümtheit dieser US-Strategie hat bisher keine entsprechende Gegenreaktion ausgelöst.  Aber sie wird deutlich machen, wer stillschweigend zu- oder übereinstimmt. Könnte aus diesem „Lehrmoment“ Widerstand werden? Handelt es sich um einen UN-übersehbaren Beweis für die anhaltende globale Dominanz der USA – oder ist es ein Zeichen, dass eine globale Machtverschiebung bevorsteht?

Mittelfristig geht es um eine zentrale Frage: Wird die USA aus dieser Dynamik mit mehr oder weniger Verhandlungsmacht für künftige Deals hervorgehen?

Doch es geht um mehr als nur um geopolitische Machtspiele: ob Menschen weiterhin auf bloße Konsumenten ohne Rechte reduziert werden, innerhalb eines Wirtschaftsmodells, das von ein paar Großakteuren dominiert wird, seien es Staaten, Konzerne oder Einzelpersonen, eines Modells ohne Rechenschaftspflicht, das massive Ungleichheiten noch weiter weiter verschärft.

Was letztendlich auf dem Spiel steht, sind die Menschenrechte und die Rechte sowie der Respekt für die natürliche Welt, die wir teilen – unser kollektives Zuhause.


Barbara Adams ist Dozentin im Studley-Masterprogramm für Internationale Beziehungen an der New School (New York).


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