Entgegen der teilweise vorherrschenden Ansicht ist das Zeitalter der fossilen Brennstoffe noch längst nicht vorbei. Wie das letzte Paper mit dem Titel „Energiewende: Auf der Siegerstraße?“ gezeigt hat, sind Erneuerbare Energien wie Wind oder Sonne zwar auf dem Vormarsch, haben aber Kohle, Öl und Gas bislang nicht verdrängen können. Fest steht: Die nötige Energiewende kommt nicht allein durch Kräfte des Markts oder technologischen Fortschritt zustande. Sie muss politisch beschlossen werden.
Es reicht jedoch nicht aus zu kritisieren, dass der politische Wille nicht stark genug sei und die bisherigen Maßnahmen einfach in noch größerem Umfang ergriffen werden müssten. Ohne eine konkrete Strategie zur Implementierung Erneuerbarer Energien und ein klares Verständnis bestimmender Dynamiken der Energiemärkte bleiben hochgesteckte Forderungen an die Politik ergebnislos oder wirken gar kontraproduktiv.
Dass im Bereich der Erneuerbaren Energien ein massives Investitionsdefizit herrscht, ist inzwischen auch in breiten Teilen des Mainstreams angekommen. Es werden schlicht zu wenig Mittel für den Aufbau Erneuerbarer Energien bereitgestellt. Aber wie kommt dieses Defizit überhaupt zustande, wenn die Preise für grüne Energie doch mittlerweile mehr als konkurrenzfähig sind und gleichzeitig große Mengen an Kapital ungenutzt brachliegen?
Die Antwort liegt in der Privatisierung und Liberalisierung der Energiemärkte. Die politischen Entscheidungsträger setzen eher darauf, Investitionssicherheiten zu schaffen, wie garantierte Renditen oder günstige Kredite, als den Einsatz Erneuerbarer Energien direkt zu unterstützen. Zwar gab es auch Fortschritte bei deren Aufbau, jedoch waren diese eher das Ergebnis öffentlicher Intervention als privater Investition. Dies liegt auch daran, dass aufgrund des Aufkommens von preisgünstigem, erneuerbarem Strom Investitionen in Energiegewinnung – erneuerbar oder nicht – häufig nicht mehr profitabel sind.
In diesem zehnten Working Paper der Initiative Gewerkschaften für Energiedemokratie legen Sean Sweeney und John Treat vom Murphy Institute der City University of New York eine sorgfältige Analyse vor, wie Energiemärkte in der Praxis funktionieren. Ihr Fokus liegt dabei auf der Europäischen Union als dem Weltmarktführer bei Erneuerbaren Energien. Wurde die EU bisher als Vorbild für die Energiewende hochgehalten, hält diese Untersuchung sowohl für den globalen Norden als auch den globalen Süden interessante Hinweise bereit. Die Verfasser argumentieren, dass Gewerkschaften und ihre Verbündeten angesichts der chaotischen und krisenanfälligen Energiemärkte einem öffentlichen und demokratisch kontrollierten Energiesystem Vertrauen schenken sollten. Private Investoren werden nicht für die Wende sorgen, die nötig wäre, um den Klimawandel aufzuhalten. Deshalb muss die öffentliche Hand einen Weg aufzeigen.