Oktober 22, 2012

Legitime Vergewaltigung, Schlampen Und Femi-Nazis

Rosa Luxemburg Stiftung - New York

„Legitimate rape“ – „legitime“ Vergewaltigung: Diese zwei Wörter sind es, mit denen Todd Akin, republikanisches Mitglied des Repräsentantenhauses in Washington, im Sommer 2012 einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat. Sein Ausspruch provozierte die neueste Runde im öffentlichen Streit darüber, wie rückständig die Republikanische Partei in Sachen Gleichberechtigung der Frau denn nun wirklich sei. In den folgenden Monaten, in denen Demokraten und Republikaner miteinander um die besten Ausgangspositionen für die Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2012 wetteiferten, machte dann wieder einmal das Wort vom War on Women, vom Krieg gegen die Frauen, die Runde.

Dabei ist dieser Krieg nun wirklich nichts Neues. Die Vereinigten Staaten blicken – ganz im Gegenteil – auf eine lange Geschichte politischer Anstrengungen zurück, Frauenrechte zu leugnen oder einzuschränken. Seit dem 19. Jahrhundert kam es immer wieder zu wohlabgestimmten Kampagnen gegen die Rechte der Frau, die von der sich entwickelnden Frauenbewegung Runde für Runde nur unter größten Anstrengungen abgewehrt werden konnten. Immer wieder folgten neue Versuche, alle in diesem Ringen um Gleichberechtigung erzielten Erfolge zunichte zu machen oder zumindest einzugrenzen. Akins Worte und die heftigen Reaktionen darauf steckten das Gelände ab, auf dem die neueste Schlacht um die Körper der Frauen, um ihre Rechte und ihre Arbeitsplätze entbrannt ist, ja im Grunde um das weiter reichende Thema personhood.

Personhood? Ein seltsames und doch überaus wichtiges Thema im „War on Women“. Was bedeutet es in Amerika, eine Person zu sein? Wenn man befreite Sklaven einst als drei Fünftel einer Person einstufte, zu wie viel Prozent ist eine Frau in der Gesellschaft unserer Tage Person? Etwa, wenn sie sich zu einer Abtreibung entschließt? Und da wir gerade dabei sind: Ist ein Wirtschaftsunternehmen eine Person? Wieso und in welchem Grade? Für den Obersten Gerichtshof der USA scheint der Wert sich daran messen zu lassen, wie viele Dollars es in Wahlkämpfe stecken kann. Das wirft Fragen auf: Für wen, für welche Art Personen, arbeitet die Regierung in Washington?

Wer Laura Flanders weit ausholenden Bericht liest, begibt sich auf eine lange, aufregende Reise durch alle Stadien des Kampfs um Frauenrechte. Die Autorin arbeitet als Journalistin für Grit TV und reüssierte mit Büchern wie „The Tea Party“ (2010) und „Bush’s War on Women“ (2005). Ihre Kritik der Republikaner ist vernichtend: eine Partei weißer Männer, die sich um einer überholten Ideologie patriarchalischer Werte willen der Frauenunterdrückung widmet. In dem Krieg, dessen Geschichte Flanders schreibt, geht es nicht nur um „eine Wahl, einen Kandidaten oder ein Geschlecht“. Es geht vielmehr um nicht weniger als „die Zusammensetzung Amerikas als Gemeinwesen und darüber, welche Aufgaben in diesem Lande Staat und Regierung zu erfüllen haben.“

Der „War on Women“ ist kein bloßes Wahljahrthema, und unter Beschuss sind nicht allein Frauen. Betroffen sind im Grunde alle, denen es darum geht, dass menschenrechtliche Schutzgarantien gefestigt und erweitert werden. Dass es keinen Rückfall in die dunklen Zeiten unserer Geschichte gibt, auch wenn eine mächtige Minderheit diese Vergangenheit nostalgisch verklärt.


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