Dezember 19, 2012

Lehrer Im Streik: Lektionen aus Chicago, wie man sich wehren kann

Ethan Young

Als der neu gewählte Präsident Ronald Reagan 1981 mehr als 11 000 streikende Fluglotsen entließ, feuerte er auch die ersten Schüsse einer neuen Offensive gegen die abhängig Beschäftigten in den Vereinigten Staaten ab. Seitdem hat der Neoliberalismus in seinem unstillbaren Hunger nach Niedriglöhnen und wehrlosen Angestellten eine Reihe von Angriffen gegen die US-Gewerkschaften geführt. In deren Ergebnis ist der Grad der gewerkschaftlichen Organisierung drastisch geschrumpft, vor allem im privaten Sektor, wo jetzt nur noch sieben Prozent der Beschäftigten Gewerkschaften angehören. Im gleichen Zeitraum sind die Reallöhne stagniert, und der Einkommensanteil der unteren 80 Prozent der US-Bevölkerung ist gesunken, während der Anteil des obersten Prozents der Einkommenspyramide sich vervielfacht hat.

Weit davon entfernt, sich mit dieser Umverteilung des Reichtums nach oben zufrieden zu geben, wird das Großkapital immer kühner, und die Angriffe auf die Gewerkschaften werden immer häufiger und dreister. Im Jahr 2011 setzte der Gouverneur von Wisconsin, Scott Walker, eine extrem gewerkschaftsfeindliche Gesetzgebung über die Proteste von hunderttausenden Bewohnern hinweg durch, wie John Nichols in seinem Artikel „Die Welt von Neuem Beginnen“ (www.rosalux-nyc.org) nachgezeichnet hat. Jüngst, im Dezember 2012, wurde Michigan der 24. US-Bundesstaat, der eine sogenannte Right-to-work-Gesetzgebung verabschiedete, welche die Möglichkeiten der Gewerkschaften, Mitgliedsbeiträge zu erheben, stark einschränkt. Dieser Schlag gegen die Arbeiterbewegung im Herzen der US-Autoindustrie und in der Heimat der mächtigen und traditionsreichen United Auto Workers scheint ein ausgesprochen entmutigendes Vorzeichen für amerikanische Arbeitnehmer zu sein.

Dennoch wäre Untergangsstimmung verfehlt. Inmitten des Ansturms hat die Chicago Teachers Union (CTU) mit einem der größten Siege der Gewerkschaftsbewegung in den letzten Jahrzehnten zurückgeschlagen. Der CTU-Streik im September 2012 brachte 26 000 Beschäftigte zusammen, um einen Vorschlag von Bürgermeister Rahm Emanuel zu bekämpfen, der die Verlängerung des Schultages um zwei Stunden ohne Gehaltserhöhung sowie andere Maßnahmen vorsah, die die Beschäftigungssicherheit und die Mitsprache der Lehrerinnen und Lehrer schwächen sollten.

Im Kontext der sogenannten „Reform“-Bewegung – im Kern ein Trick konservativer und neoliberaler Kräfte, die beabsichtigen, das öffentliche Bildungswesens zu schwächen – könnte der CTU-Sieg sich als äußerst wichtig erweisen. Im größeren Zusammenhang des Kriegs gegen die Arbeitnehmervertreter des öffentlichen Dienstes – die letzte große Bastion der Gewerkschaften und der einzige politische Akteur, der der unbegrenzten Konzernherrschaft bei der Wahlkampffinanzierung etwas entgegenzusetzen vermag – hat die Arbeiterbewegung endlich zurückgeschlagen.

In der folgenden Studie analysiert der Autor und Aktivist Ethan Young den Sieg der Lehrergewerkschaft. Sein Augenmerk richtet sich dabei auch auf die Lehren, die die Arbeiterbewegung und die US-Linke hieraus ziehen können: nämlich wie man sich wehren und nach vorne schauen kann.


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